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Trockene Borstgrasrasen des Flachlandes und der Mittelgebirge
Borstgrasrasen können je nach Region in Deutschland sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Bei diesem Biotoptyp handelt es sich um die verbreitetste Borstgrasrasenform, sie unterscheidet sich von feuchten Ausprägungen der Borstgrasrasen, einer seltenen Form in hohen Mittelgebirgen und den Borstgrasrasen der Alpen.
Kennzeichnend ist das dominante Auftreten des Borstgrases (Nardus stricta), einem eher unauffäligem Gras mit dünner Ähre.
Borstgrasrasen sind ursprünglich durch wenig intensive Beweidung (selten Mahd) entstanden, welche über Jahrzehnte Nährstoffe aus dem System getragen hat. Der Untergrund ist oft flachgründig und für die heutige intensive Landwirtschaft meist nicht rentabel zu bewirtschaften. Zudem handelt es sich oft um niederschlagsreiche Gebiete und schwer zugänglichen Flächen an Hängen. Man findet trockene Brostgrasrasen meist auf saurem Untergrund in höheren Lagen der Mittelgebirge, seltener im Tiefland. Borstgrasrasen sind zwar eher artenärmere Lebensräume, können aber durch verschiedene Blütenpflanzen sehr bunt erscheinen, wenn sie traditionell bewirtschaftet werden. Eine Überweidung führt jedoch zur Verarmung des Lebensraumes.
Typische Arten der trockenen Borstgrasrasen in den Mittelgebirgen sind neben dem Borstgras beispielsweise die bekannte Heilpflanze Arnika (Arnica montana; Foto, gelbe Blüte), Heidelbeere oder Hunds-Veilchen (Viola canina). In Regionen des Osterzgebirges z.B. auch die Bärwurz (Meum athamanticum) und das blaue Kreuzblümchen (Polygala vulgaris).
Unter den Insekten gibt es verschiedene Gruppen, welche typisch für Borstgrasrasen sind. z.B. unter den Heuschrecken Warzenbeißer (Decticus verrucivorus), Kurzflüglige Beißschrecke (Metrioptera brachyptera), Gefleckte Keulenschrecke (Myrmeleotettix maculatus) oder mehr im Alpenraum Alpengebirgsschrecke (Miramella alpina) und Rotflüglige Schnarrschrecke (Psophus stridulus). Typische Tagfalter wären Komma-Dickkopffalter (Hesperia comma), Violetter Feuerfalter (Lycaena alciphron) oder Lilagold-Feuerfalter (Lycaena hippothoe).
Waldeidechse und in manchen Regionen die seltene Kreuzotter können typische Reptilien auf Borstgrasrasen sein.
Bildergalerie von typischen Pflanzenarten in diesem Lebensraum
Verbreitung
Artenreiche, trockene Borstgrasrasen haben ihren Verbreitungsschwerpunkt in den höheren Lagen der Mittelgebirge. Es gibt jedoch auch eine Reihe von Vorkommen in niederen Lagen, wie in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein. Gut ausgebildete Bestände finden sich z. B. im Harz, dem Schwarzwald oder dem osthessischen Bergland.
In Baden-Württemberg sind artenreiche Borstgrasrasen Jahrhunderten ein prägendes Landschaftselement. Sie haben großflächige Vorkommen im Schwarzwald, vereinzelte auf der Schwäbischen Alb, im Odenwald und im Schwäbisch-Fränkischen Wald. Kleinflächig kommen sie im Rheintal vor. In Bayern liegen die bedeutendsten Vorkommen im Osthessisches Bergland, Vogelsberg, Rhön und Oberpfälzisch-Bayerischen Wald. In Rheinland-Pfalz waren Borstgrasrasen ehemals weit verbreitet. Heute sind die meisten Reste dieses Biotoptyps dort sehr kleinflächig und in ihrem Bestand infolge Nutzungsintensivierung oder -änderung, Brachfallen oder Aufforstung stark gefährdet. Schwerpunkte in Rheinland-Pfalz sind die höheren Lagen von Eifel und Westerwald sowie der Hunsrückkamm. In Sachsen sind Borstgrasrasen meist kleinflächig ausgebildet, großflächiger nur in den Mittelgebirgen, und hier insbesondere im Erzgebirge (Ost-, Mittel- und Westerzgebirge) und Vogtland. Weitere Vorkommen allerdings mit deutlich geringeren Flächenanteilen finden sich auch im Hügel- und Tiefland sowie den anderen Naturräumen des Berglandes (Sächsische Schweiz, Oberlausitzer Bergland, Zittauer Gebirge).
Natura 2000 Lebensraumtyp
Dieser Biotoptyp ist ein europaweit besonders geschützter Lebensraum! Natura 2000 - Code: 6230
"Borstgrasrasen" sind ein eigenständiger Lebensraumtyp, der auf Anhang I der FFH-Richtlinie gelistet ist.
Auf dieser Website werden jedoch 4 verschiedene Borstgrasrasentypen vorgestellt. Die Karte zeigt somit alle Borstgrasrasen, welche verbreiteter sind, als konkret dieser Typ.
© Verbreitungskarte. Quelle: BfN/BMUB 2019: Nationaler Bericht Deutschlands nach Art. 17 FFH-Richtlinie; basierend auf Daten der Länder und des Bundes. Datengrundlage: Verbreitungsdaten der Bundesländer und des BfN.
Ökologie
Borstgrasrasen waren seit dem Mittelalter prägende Vegetation in vielen Mittelgebirgen. Ihr vegetationskundlicher und faunistischer Wert ist beträchtlich. Die artenreichen Ausbildungen sind prioritärer Lebensraum zahlreicher teils hoch gefährdeter Pflanzen- und Tierarten. Borstgrasrasen gehören zu den am stärksten gefährdeten Lebensraumtypen Mitteleuropas. Die besondere kulturgeschichtliche Bedeutung der Borstgrasrasen beruht auf ihrer Entstehung durch eine historische Bewirtschaftungsform. Prägende Pflanzenarten wie die Arnika, deren Bestände stark zurückgegangen sind, zählen zu den bedeutenden Arzneipflanzen. Das Wald-Läusekraut beispielsweise wurde früher zur Bekämpfung von Läusen eingesetzt. Diese Pflanzen sind auf ganz spezifische Nutzungsformen angewiesen. Ohne solche würden sie in absehbarer Zeit aus unserer Kulturlandschaft verschwinden.
Gefährdung
Borstgrasrasen sind in den letzten Jahren durch die Intensivierung der Landnutzung sowohl in niederen Lagen wie auch in den Mittelgebirgen stark zurück gegangen. Sie sind sowohl durch Aufgabe der Nutzung einerseits, als auch durch Nähr- bzw. Schadstoffeintrag (Düngung, Kalkung, Gülle, Pflanzenschutzmittel), Aufforstung und zu intensive Beweidung andererseits gefährdet. Der Erhalt der Borstgrasrasen ist nur durch eine extensive Nutzung, wie Beweidung mit wenigen Tieren (Schafe, Rinder) oder nur einmalige Mahd spät im Jahr sicher zu stellen. Zur Wiederherstellung bereits degenerierter Standorte sind unter Umständen zusätzlich Entbuschungsmaßnahmen notwendig.
Besonderheiten
Borstgrasrasen sind i.d.R. durch extensive Beweidung bei unterlassener Düngung entstanden. Der Entzug der Nährstoffe war sehr wichtig und hat diesen Lebensraum entstehen lassen. Die Beweidung konnte durch Rinder, Schafe, Ziegen oder durch robuste Pferderassen erfolgen. Da diese das Borstgras mit seinen harten Halmen und dichten Struktur gemieden haben, wurde der Lebensraum zusätzlich gefördert, da konkurrenzstärkere Pflanzenarten verbissen wurden.
Der Borstgrasrasen wurde zur "Pflanzengesellschaft des Jahres 2020" gewählt.
Tagfalter in diesem Lebensraum
Fliegen in diesem Lebensraum
Amphibien & Reptilien in diesem Lebensraum
Orchideen in diesem Lebensraum
Säugetiere in diesem Lebensraum
Heuschrecken in diesem Lebensraum
Wanzen in diesem Lebensraum
Referenzlisten: