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Niederwälder

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Niederwälder

Niederwälder sind traditionelle Nutzungsformen des Waldes, die früher sehr verbreitet waren, heute aber nur noch selten anzutreffen sind. Die Bäume in Niederwäldern werden vergleichsweise früh im zeitlichen Abstand von rd. 15 - 40 Jahren abgeholzt und (zumindest heute) vorwiegend als Brennholz weiterverarbeitet. Die Regeneration des Waldes erfolgt über Stockausschläge - also Jungtriebe - aus den verbliebenen Wurzelstöcken und Stümpfen. Das Foto zeigt einen vor rd. 2-3 Jahren abgeholzten Bestand mit Stockausschlägen der Eiche und einigen alten Überhälterbäumen, welche man in manchen Regionen traditionell stehen lässt.

Aus Sicht der Pflanzengesellschaftskunde ist eine separate Aufführung der Niederwälder als eigener Biotoptyp eine gewisse Dopplung bzw. Inkonsistenz, da bei diesem Biotoptyp in erster Linie nicht die Zusammensetzung der Arten das Charakteristische ist, sondern vielmehr die Nutzungsform. Ähnlichkeiten existieren folglich zu verschiedenen anderen Waldtypen - beispielsweise den Eichen-Hainbuchen-Wäldern.

Diese Nutzung ergibt je nach Altersstadium charakteristische Bilder des Lebensraumes: Beginnend bei einem großen Kahlschlag mit wenigen Einzelbäumen, über das Stadium auf dem Foto bis zu "armdicken" Bäumen, welche von einer Basis aus - dem alten Stock - in den Himmel wachsen. Die spezielle Wirtschaftsform begünstigte folglich Baumarten, welche vor allem in der Lage sind, aus dem abgesägten Baumstamm wieder neue Stämme zu treiben. Das sind z. B. Hainbuche (Carpinus betulus), Hasel (Corylus avellana), Birke (Betula pendula) oder unsere beiden Eichenarten (Quercus petraea, Quercus robur). Insbesondere die sonst in unseren Wäldern so dominierend Baumart Rotbuche wurde durch das "Auf den Stock" setzen zurückgedrängt.

Niederwälder sind lichtdurchlässiger als andere Waldlebensräume und lichtbedürftige Baumarten wie Vogelbeere, Echte Mehlbeere, Elsbeere, Speierling, Vogel-Kirsche, Birke, Esche oder Zitterpappel finden ihren Platz in Niederwäldern. Auch die Krautschicht kann besonders zu Beginn des Zyklus artenreich ausgeprägt sein.

Eine typische Vogelart der Niederwälder ist das Haselhuhn, welches in Deutschland sehr selten geworden ist. Unter den Schmetterlingen sind insbesondere der seltene Braune Eichen-Zipfelfalter (Satyrium ilicis) und der Blaue Eichenzipfelfalter (Neozephyrus quercus) zu nennen, welche in diesem Biotoptyp leben.

Bildergalerie von typischen Pflanzenarten in diesem Lebensraum

Draht-Schmiele

Verbreitung

Niederwälder sind in ganz Deutschland zurückgegangen und stellen weniger als 1% der Waldfläche dar. Einzelne Flächen mit traditioneller Nutzung findet man noch in den Mittelgebirgen (z.B. Sieger- und Sauerland, Westerwald und Lahn-Dill-Bergland).

Gefährdung

Die Bedeutung der Niederwälder zur Brennholzgewinnung hat stark abgenommen. Viele Niederwälder sind durch Nutzungsaufgabe zu Hochwäldern durchgewachsen mit einhergehender Veränderung der Baumartenzusammensetzung - hier profitiert vor allem die Buche, welche sich nach und nach durchsetzt. Die Buche beschattet den Boden so stark, dass andere Pflanzenarten kaum noch wachsen können. Die Krautschicht ändert sich dadurch deutlich und mit ihr auch die Tierartengemeinschaften.

Besonderheiten

Die Bewirtschaftung der Niederwälder entspricht der traditionellen Haubergswirtschaft, welche aus dem Siegerland, Westerwald und Lahn-Dill-Bergland bekannt ist. Bei ihr wurden die Eichen der Niederwälder vor der Abholzung längs des Stammes geschält und die getrocknete Rinde (Lohe) zur Gerbung von Leder eingesetzt. Das Holz der Bäume wurde mittels Kohlemeilern in Holzkohle umgewandelt und diente vor allem in der Anfangszeit der Erzverhüttung. Anschließend an die Abholzung wurde von der bäuerlichen Bevölkerung noch Winter-Roggen auf den Flächen ausgesäht. Eine genaue Anleitung legte darüber hinaus fest, wann die Schonzeit für den Wald begann, ab dem er sich also wieder bis zum erneuten Start des Zyklusses entwickeln konnte.

Mit der Einfuhr fossiler Brennstoffe, alternativer Gerbstoffe und Änderung der Landwirtschaft verlor der Niederwald an Bedeutung und ging in Deutschland sehr stark zurück. Heute gibt es aber wieder Bestrebung ähnliche Waldformen - z.B. an Waldrändern - zu etablieren, um regenerative Brennstoffe zu gewinnen.

Tagfalter in diesem Lebensraum

Typische Arten

Blauer Eichenzipfelfalter
(Neozephyrus quercus)

Ein häufiger, aber verborgen lebender blauer Zipfelfalter in Eichenwäldern

Brauner Eichen-Zipfelfalter
(Satyrium ilicis)

Ein seltener Falter unserer Niederwälder

Faulbaum-Bläuling
(Celastrina argiolus)

Ein früh fliegender Bläuling unserer Laubwälder

Gelbringfalter
(Lopinga achine)

Seltener Falter mit hübschen Augenflecken

Kaisermantel
(Argynnis paphia)

Der Kaiser unter den Tagfaltern Deutschlands

Schornsteinfeger
(Aphantopus hyperantus)

Der unscheinbare Tagfalter an Wald- und Wegesrand

Schwarzer Apollo
(Parnassius mnemosyne)

Seltener weißer Falter mit Bestandsrückgang

Silberfleck-Perlmutterfalter
(Boloria euphrosyne)

Veilchenfreund in dere Nähe von Wäldern und an Waldrändern

Wald-Wiesenvögelchen
(Coenonympha hero)

Sehr seltener Falter auf in lichten Wäldern

Zitronenfalter
(Gonepteryx rhamni)

Langlebiger Frühlingsbote, der harten Wintern trotzt



Weitere Arten

Admiral
(Vanessa atalanta)

Einer unser schönsten großen Tagfalter

Argus-Bläuling
(Plebeius argus)

Ein kleiner Bläuling mit Dorn am Schienbein

Aurorafalter
(Anthocharis cardamines)

Ein Frühlingsbote mit leuchtend orangenen Flecken

Blauschillernder Feuerfalter
(Lycaena helle)

Ein ebenso bunter wie sehr seltener Feuerfalter auf feuchten Wiesen und Brachen

Braunauge
(Lasiommata maera)

Ein schöner Tagfalter mit markanten Augenflecken auf dunkelbraunem Grund

Braunfleckiger-Perlmutterfalter
(Boloria selene)

Ein noch regelmäßiger Gast auf feuchten und mageren Wiesen in Deutschland

Braunkolbiger Dickkopffalter
(Thymelicus sylvestris)

Ein dickköpfiger Tagfalter mit braunen Fühlerspitzen

Distelfalter
(Vanessa cardui)

Der Wanderfalter unter Alpenüberquerer unter unseren Tagfaltern

Dukaten-Falter
(Lycaena virgaureae)

Ein golden-oranger Farbtupfer auf blütenreichen Waldrändern und Wiesen der Mittelgebirge

Gelbwürfeliger Dickkopffalter
(Carterocephalus palaemon)

Ein kleiner, flinker Dickkopffalter in sonnigen Gegenden

Großer Fuchs
(Nymphalis polychloros)

Der seltenere, große Verwandte des Kleinen Fuchses

Großer Kohlweißling
(Pieris brassicae)

Ein großer weißer Schmetterling mit Vorliebe für Kohlpflanzen

Großer Schillerfalter
(Apatura iris)

Ein schillernder Edelfalter auf Wegen und Lichtungen von Auwäldern

Großes Ochsenauge
(Maniola jurtina)

Ein häufiger Falter mit Augenfleck auf Wiesen und Säumen

Kleiner Feuerfalter
(Lycaena phlaeas)

Der kleinste und häufigste Feuerfalter in unserer Fauna

Kleiner Kohlweißling
(Pieris rapae)

Ein mittelgroßer Weißling mit Vorliebe für Kohlarten

Kleiner Waldportier
(Hipparchia hermione)

Gut getarnter Tagfalter in warmen Kiefernwäldern

Kreuzdorn-Zipfelfalter
(Satyrium spini)

Ein Zipfelfalter mit markantem Silberfleck auf der Unterseite

Landkärtchen
(Araschnia levana)

Der einheimische Tagfalter mit den zwei Gesichtern

Mauerfuchs
(Lasiommata megera)

Ein Fuchs, der sich gerne auf Felsen und Mauern sonnt

Pflaumen-Zipfelfalter
(Satyrium pruni)

Schöner Zipfelfalter an Hecken und Waldsäumen mit Schlehenbüschen

Rapsweißling
(Pieris napi)

Der häufigste Weißling unter Deutschlands Tagfaltern

Reals Schmalflügel-Weißling
(Leptidea reali)

Unscheinbarer Weißling mit sehr ähnlichem Verwandten

Rostfarbiger Dickkopffalter
(Ochlodes sylvanus)

Ein häufiger Dickkopffalter auf Blüten am Wegesrand

Rotklee-Bläuling
(Polyommatus semiargus)

Ein häufiger Bläuling auf rotem Klee

Schwarzkolbiger Braundickkopffalter
(Thymelicus lineola)

Ein orangfarbener Dickkopffalter mit schwarzen Fühlerkolben

Senfweisling
(Leptidea sinapis)

Ein kleiner Weißling mit ähnlicher Schwesterart in Deutschland

Tagpfauenauge
(Inachis io)

Einer der schönsten Tagfalter Deutschlands

Weißbindiges Wiesenvögelchen
(Coenonympha arcania)

Ein schreckhafter kleiner Augenfalter der Saumstrukturen


Fliegen in diesem Lebensraum

Amphibien & Reptilien in diesem Lebensraum

Orchideen in diesem Lebensraum

Säugetiere in diesem Lebensraum

Heuschrecken in diesem Lebensraum

Wanzen in diesem Lebensraum

Typische Arten

Beerenwanze
(Dolycoris baccarum)

Eine häufige Wanze mit deutlicher Behaarung

Birkenwanze
(Kleidocerys resedae)

Eine kleine Wanzenart auf Birken

Bunte Blattwanze
(Elasmostethus interstinctus)

Bunte und häufige Wanze auf Birkenblättern

Fleckige Brutwanze
(Elasmucha grisea)

Fürsorgliche Wanzenart auf Birken und Erlen

Gemeine Bodenwanze
(Rhyparochromus vulgaris)

Bräunliche Wanze auf der Bodenoberfläche

Wipfel-Stachelwanze
(Acanthosoma haemorrhoidale)

Leuchtend rot-grüne Wanze in Laubwäldern und an Waldränder

Zweizähnige Dornwanze
(Picromerus bidens)

Häufiger Schädlingsvertilger mit spitzen Halsschildecken



Weitere Arten

(Globiceps fulvicollis)

Sehr kleine Wanzenart in feuchten Lebensräume

Ameisen-Sichelwanze
(Himacerus mirmicoides)

Eine Wanze in Ameisengestalt

Braune Schmuckwanze
(Closterotomus fulvomaculatus)

Große Wanzen mit Vorliebe für Früchte

Grasweichwanze
(Notostira elongata)

Häufige Weichwanze in grasigen Lebensräumen

Graue Gartenwanze
(Rhaphigaster nebulosa)

Eine große Wanzenart im Garten

Grüne Baumwanze
(Palomena viridissima)

Eine grüne Baumwanze mit rundem Brustrand

Grüne Stinkwanze
(Palomena prasina)

Häufige grüne Wanze auf Sträuchern und Bäumen

Rote Weichwanze
(Deraeocoris ruber)

Eine kleine Wanze mit variabler Rotfärbung

Schwarzweiße Erdwanze
(Tritomegas bicolor)

Kleine schwarz-weiße Wanze mit Kinderstube im Erdboden

Spitzbauchwanze
(Troilus luridus)

Baumwanze mit hellem Fleck in den Fühlern

Winzige Blumenwanze
(Orius minutus)

Winziger Nützling auf Blüten

Zweikeulen-Weichwanze
(Closterotomus biclavatus)

Wanze mit auffälligen Fühlern


Referenzlisten:

Natura2000: Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen

EUNIS 2021/22: European Nature Information System (EUNIS; deutsch Europäisches Naturinformationssystem). EUNIS marine habitat classification (Updated version March 2022), EUNIS terrestrial classification (Updated 2021)

EuroVegChecklist: Bergmeier E. (2020) & Mucina et al. (2016)

Bergmeier E. (2020): Die Vegetation Deutschlands – eine vergleichende Übersicht der Klassen, Ordnungen und Verbände auf Grundlage der EuroVegChecklist. Tuexenia 40: 19–32.

Mucina L., H. Bültmann, K. Dierßen, J.-P. Theurillat, T. Raus, A. C arni, K. Š umberová, W. Willner, J. Dengler, R. Gavilán García, M. Chytrý, M. Hájek, R. Di Pietro, D. Iakushenko, J. Pallas, F.J.A. Daniëls, E. Bergmeier, A. Santos Guerra, N. Ermakov, M. Valachovic , J.H.J. Schaminée, T. Lysenko, Y.P. Didukh, S. Pignatti, J.S. Rodwell, J. Capelo, H.E. Weber, A. Solomeshch, P. Dimopoulos, C. Aguiar, S.M. Hennekens & L. Tichý (2016): Vegetation of Europe: hierarchical floristic classification system of vascular plant, bryophyte, lichen, and algal communities. Applied Vegetation Science, Vol. 19, Supplement 1: 1-264.

Ellenberg, H. & Leuschner, C. (2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen, 6. Aufl., Stuttgart: 1357 S.

Delarze R., Gonseth Y., Eggenberg S., Vust M. (2015): Lebensräume der Schweiz. Ökologie - Gefährdung - Kennarten. 3. Auflage 2015. 456 Seiten.

Finck, P., Heinze, S., Raths, U., Riecken, U., Ssymank, A. (2017): Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands – dritte fortgeschriebene Fassung 2017. Naturschutz und Biologische Vielfalt 156, 460 S.

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Referenzlisten

Bezüge zu anderen Listen:
Ellenberg & Leuschner (2010)
Finck et al. (2017) 42.05
EUNIS 2021/22 T421
EuroVeg-Checklist
Delarze et al. (2015)
Natura 2000
Häufigkeit selten

Online: https://www.deutschlands-natur.de/lebensraeume/waelder/niederwaelder/
Datum: 05.11.2024
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