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Spülsäume an Nord- und Ostsee mit einjährigen Pflanzenarten

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Spülsäume an Nord- und Ostsee mit einjährigen Pflanzenarten

An der Nord- und Ostsee enstehen in Wassernähe Spülsäume, die es ermöglichen, dass sich dort Pflanzen ansiedeln können. Verständlicherweise handelt es sich dabei vorwiegend um einjährige Pflanzenarten, d.h. deren Zyklus von Keimung bis Samenreife innerhalb eines Sommers abgeschlossen wird. Denn wenn im Herbst oder Winter Sturmfluten den Lebensraum wieder umlagern, müssen die robusten Samen ausgereift sein.

Diese linearen Lebensräume sind durch Meersenf-Gesellschaften - benannt nach der auffälligen Pflanzenart, dem Meersenf (Cakile maritima, s. Foto) - bewachsen und ziehen ihre Nährstoffe aus zersetzten organischen Materialien (Tier- und Pflanzenreste wie Tang, Seegras, Holzschnipsel) welche angespült werden. Die Nährstoffbedingungen (Stickstoff) im Boden können oft überraschend günstig sein, so dass sich typischerweise stickstoffliebene Pflanzenarten einstellen, die verständlicherweise sehr gut mit dem erhöhten Salzgehalt zurechtkomme müssen. Nur selten tritt dieser spezielle Lebensraum auch großflächig auf, wenn ganze Sandplatten flach aufgelagert wurden.

Bedingt durch mögliche nicht vorhersehbare Flutereignisse und weil sie stark dem Wind ausgesetzt sind, sind diese Lebensräume sehr dynamisch. Natürlicherweise kommt es zum Verlust bzw. zur Neuentstehung von Spülsäumen, zur Verschiebung, Substratdurchmischung, Übersandung (bis 30 cm Höhe) und Weiterentwicklung hin zu stärker festgelegten Dünen. Ihre Pflanzenbedeckung muss nicht einmal jedes Jahr ausgebildet sein. Typisch ist jedoch eine lückenhafte Ausprägung und nur abschnittsweise Besiedlung von Spülsäumen.

Neben dem bereits genannten Europäischem Meersenf (Cakile maritima) treten beispielhaft Strand-Melde (Atriplex littoralis) oder Kali-Salzkraut (Salsola kali) auf.

Verbreitung

Einjährige Spülsäume sind an der deutschen Nordseeküste und auf den Inseln an Sandstränden weit verbreitet, sofern nicht zu starker Badebetrieb erfolgt. An der Ostseeküste kommen einjährige Spülsäume kleinflächiger aber weit verbreitet vor.

Einjährige Spülsäume auf Sand sind viel häufiger als die seltenere Ausbildung auf Geröllstränden. In Mecklenburg-Vorpommern liegen die Verbreitungsschwerpunkte im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft, in der Wismarbucht: Poel, Rustwerder, Breitling, Langenwerder, Wustrow, Salzhaff, Riedensee, entlang der Außenküsten und Boddenküsten von Rügen und Hiddensee, am Greifswalder Bodden mit Peenemünder Haken, Struck, Koos, Vilm, Ruden und Greifswalder Oie, an Achterwasser und Peenestrom.

Natura 2000 Lebensraumtyp

Verbreitung

Dieser Biotoptyp ist ein europaweit besonders geschützter Lebensraum! Natura 2000 - Code: 1210

"Einjährige Spülsäume" sind ein eigenständiger Natura 2000-Lebensraumtyp.

© Verbreitungskarte. Quelle: BfN/BMUB 2019: Nationaler Bericht Deutschlands nach Art. 17 FFH-Richtlinie; basierend auf Daten der Länder und des Bundes. Datengrundlage: Verbreitungsdaten der Bundesländer und des BfN.


Gefährdung

Einjährige Spülsäume sind durch Eindeichungen, Wasserbelastung und v. a. durch Tritt und das Beräumen von Stränden gefährdet. Der intensiver Bade- und Erholungstourismus führt zu Liege- und Trittschäden, auch Strandberäumung und/oder Planieren führen zum Verlust des Lebensraumes. Müllablagerung und sonstige Verunreinigungen (z. B. Öl, Tankerunfälle) wirken sich katastrophal auf diesen Lebensraum aus. Eindeichungen verhindern die notwendigen Anspülungen und Materialanlandungen für den Lebensraum.

Vorrangige Maßnahmen zum Schutz und Erhalt des Lebensraumtyps und zur Verbesserung des Erhaltungszustandes sind das Zulassen von natürlicher Dynamik und eine weitgehende Einschränkung der Nutzung Zum Schutz der einjährigen Spülsäume sollten weitere Eindeichungen vermieden und die Gewässerbelastung weiter reduziert werden. Größere Teilbereiche sollten idealerweise ohne Badebetrieb als naturnahe Strände erhalten werden, da Spülsäume auch Initialstadien der Dünenbildung und Lebensraum hochspezialisierter Tierarten sind.

Tagfalter in diesem Lebensraum

Fliegen in diesem Lebensraum

Säugetiere in diesem Lebensraum

Referenzlisten:

Natura2000: Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen

EUNIS 2021/22: European Nature Information System (EUNIS; deutsch Europäisches Naturinformationssystem). EUNIS marine habitat classification (Updated version March 2022), EUNIS terrestrial classification (Updated 2021)

EuroVegChecklist: Bergmeier E. (2020) & Mucina et al. (2016)

Bergmeier E. (2020): Die Vegetation Deutschlands – eine vergleichende Übersicht der Klassen, Ordnungen und Verbände auf Grundlage der EuroVegChecklist. Tuexenia 40: 19–32.

Mucina L., H. Bültmann, K. Dierßen, J.-P. Theurillat, T. Raus, A. C arni, K. Š umberová, W. Willner, J. Dengler, R. Gavilán García, M. Chytrý, M. Hájek, R. Di Pietro, D. Iakushenko, J. Pallas, F.J.A. Daniëls, E. Bergmeier, A. Santos Guerra, N. Ermakov, M. Valachovic , J.H.J. Schaminée, T. Lysenko, Y.P. Didukh, S. Pignatti, J.S. Rodwell, J. Capelo, H.E. Weber, A. Solomeshch, P. Dimopoulos, C. Aguiar, S.M. Hennekens & L. Tichý (2016): Vegetation of Europe: hierarchical floristic classification system of vascular plant, bryophyte, lichen, and algal communities. Applied Vegetation Science, Vol. 19, Supplement 1: 1-264.

Ellenberg, H. & Leuschner, C. (2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen, 6. Aufl., Stuttgart: 1357 S.

Delarze R., Gonseth Y., Eggenberg S., Vust M. (2015): Lebensräume der Schweiz. Ökologie - Gefährdung - Kennarten. 3. Auflage 2015. 456 Seiten.

Finck, P., Heinze, S., Raths, U., Riecken, U., Ssymank, A. (2017): Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands – dritte fortgeschriebene Fassung 2017. Naturschutz und Biologische Vielfalt 156, 460 S.

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Referenzlisten

Bezüge zu anderen Listen:
Ellenberg & Leuschner (2010) 2.8.1.1
Finck et al. (2017) 09.02
EUNIS 2021/22 N11
EuroVeg-Checklist 12JC01A, 12JC01B, 12JC01C
Delarze et al. (2015)
Natura 2000 1210
Häufigkeit häufig

Online: https://www.deutschlands-natur.de/lebensraeume/kuesten-salzvegetation/einjaehrige-spuelsaeume/
Datum: 19.03.2024
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