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Naturnahe Moorgewässer (dystrophe Seen)

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Naturnahe Moorgewässer (dystrophe Seen)

In Mooren oder Kontakt zu moorigen Lebensräumen entstehen Stillgewässer mit braungefärbtem Wasser. Diese Einfärbung entsteht durch sogenannte Huminsäuren, welche durch Auswaschung oder Zersetzung von Pflanzenmaterial im Untergrund oder angrenzenden Mooren entstehen; der Teich-/Seeuntergrund ist folglich meist pflanzlichen Ursprungs.

Als Folge haben solche Gewässer auffallend niedrige ph-Werte - sind also "sauer". Moorige Stillgewässer können natürlich entstanden sein oder auch sekundär in ehemaligen Abbaustellen von Torf, mit einer Wassertiefe von mehr als 20 – 40 cm trocknen sie im Jahresverlauf i.d.R. nicht aus. Es handelt sich meist um Kleingewässer - seltener um große Seen. Sie können Unterwasser- und/oder Schwimmblattvegetation aufweisen. Torfsubstrate finden sich auch im Untergrund und Torfmoose - die eigentlichen Erzeuger von Torf - wachsen oft in der Verlandungszone am Rand solcher Gewässer. Moorgewässer sind extrem nährstoffarme Gewässer, die spezialisierten, seltenen Arten (z.B. Moorlibellen) einen Lebensraum bieten. Oder anders gesagt: nur dieses Tierarten können die extrem sauren huminsäurereichen Lebensräume besiedeln. Natürliche und naturbelassene Moorgewässer mit intaktem Wasserhaushalt sind schwach bis stark sauer (pH 3-5,5). Diese nährstoffarmen Gewässer haben aufgrund niedriger Basen- und Elektrolytgehalte des Wassers nur ein geringes standörtliches Pufferpotential. D.h. durch Düngung (Eutrophierung) hervorgerufene Störungen können dadurch nur eingeschränkt kompensiert werden.

Als Pflanzenarten treten neben mehreren Torfmoosartenen z.B. Wasserschlauch-Arten (Utricularia intermedia, Utricularia minor, Utricularia ochroleuca), Schnabelriede (Rhynchospora spec.), Wollgras (Eriophorum angustifolium), Sonnentau-Arten (Drosera rotundifoliaDrosera longifoliaDrosera intermedia) und Seggen (Carex spec.) auf.

Typische Tiere an solchen Gewässern können z.B. unter den Libellen die typischen Moorarten wie Moosjungfern (Leucorrhinia dubia, Leucorrhinia pectoralis), Gefleckte Smaragdlibelle (Somatochlora flavomaculata), Torf-Mosaikjungfer (Aeshna juncea) oder die Schwarze Heidelibelle (Sympetrum danae) sein.

Verbreitung

In Deutschland sind moorige Seen selten, aber als Kleingewässer in allen Großregionen Deutschlands verbreitet. Das natürliche Hauptverbreitungsgebiet sind die Moorlandschaften in den Norddeutschen Niederungen und den alpinen Vorgebirgen.

In Baden-Württemberg liegen Schwerpunkte der Verbreitung neben dem Alpenvorland im Schwarzwald. Hierunter fallen alle natürlichen Moorseen und z.T. auch Torfabbauweiher, aber in aller Regel nicht die Fischweiher in den genannten Regionen. In Bayern vorwiegend im Naturraum Südliches Alpenvorland. Bedeutende Vorkommen liegen daneben auch in den Naturräumen Schwäbisch-Bayerische Voralpen und Thüringisch-Fränkisches Mittelgebirge. In Rheinland-Pfalz kommen moorige Seen nur sehr selten vor. Im Bereich einiger Wooge im Pfälzerwald und in der Pfälzer Moorniederung (NSG Neuwoog) sowie an einigen Maaren in der Eifel kann - selten - die charakteristische Vegetation gefunden werden. In Sachsen finden sich moorige Stillgewässer vor allem im Sächsisch-Niederlausitzer Heideland, insbesondere in den Naturräumen Königsbrück-Ruhlander Heiden, Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet, Muskauer Heide und Düben-Dahlener Heide. Kleinflächig kommen die Gewässer auch im Hügelland (beispielsweise in der Westlausitz oder Großenhainer Pflege) und Bergland, insbesondere in den Hochmoorgebieten des Erzgebirges, vor. In Mecklenburg-Vorpommern tritt der Lebensraum vor allem im Bereich sandiger Grund- und Endmoränen sowie in Sandern auf. Verbreitungsschwerpunkte liegen innerhalb von Regen-, Kessel- und Verlandungsmooren im Rückland der Mecklenburgischen Seenplatte sowie im Bereich des Höhenrückens und der Mecklenburgischen Seenplatte: Göldenitzer Moor, Teufelsmoor bei Horst, Teufelssee bei Thelkow, Palinger Heide, Grambower Moor, Sternberger Seengebiet, Nossentiner/ Schwinzer Heide, Müritz-Nationalpark, Neustrelitzer Kleinseenland, Feldberger Seenlandschaft. Mit Ausnahme der Elbtalniederung kommt der Lebensraumtyp kleinflächig auch in allen anderen Bereichen des Landes vor.

Natura 2000 Lebensraumtyp

Verbreitung

Dieser Biotoptyp ist ein europaweit besonders geschützter Lebensraum! Natura 2000 - Code: 3160

"Naturnahe, nährstoffarme und saure Moorgewässer (dystrophe Seen)" sind ein eigenständiger Lebensraumtyp, der auf Anhang I der FFH-Richtlinie gelistet ist.

Abgrenzungskriterium ist der dystrophe Charakter des Stillgewässers. Erkennbar ist dieser an der durch den hohen Anteil an Huminsäuren verursachten Braunfärbung des Wassers.

© Verbreitungskarte. Quelle: BfN/BMUB 2019: Nationaler Bericht Deutschlands nach Art. 17 FFH-Richtlinie; basierend auf Daten der Länder und des Bundes. Datengrundlage: Verbreitungsdaten der Bundesländer und des BfN.


Gefährdung

Da in der Vergangenheit viele Moore und Riede trockengelegt und abgetorft wurden, gibt es nur noch wenige naturnahe moorige Seen, weshalb die noch vorhandenen unser besonderes Augenmerk verdienen. Hauptgefährdungsursachen dieser meist nährstoffärmeren Gewässer sind Nährstoff- und Schadstoffeinträge (auch durch die Luft), Veränderungen des standorttypischen Wasserhaushaltes (z.B. jede Form der Entwässerung, auch im Umfeld, Grundwasserabsenkung), Moorrekultivierung, fischereiliche Nutzung und Freizeitnutzung. Bei sehr kleinen Gewässern (z. B. Sölle) kann auch Verfüllung eine Gefährdungsursache darstellen. Für den Lebensraumtyp ist keine Pflege erforderlich. Es gilt jegliche Nähr- und Schadstoffeinträge weitgehend zu verhindern bzw. zu vermindern und den natürlichen Wasserhaushalt zu erhalten. Die Einrichtung von Pufferzonen zur Verhinderung von Nähr- und Schadstoffeinträgen (z.B. zu Landwirtschaftsflächen), Reduktion der Freizeitaktivitäten durch Konzepte zur Besucherlenkung (Sperrung und Rückbau von Bohlenwegen, falls negative Effekte für den Lebensraumtyp erkennbar werden (z.B. Eutrophierung durch Müllablagerungen), Ggf. Wiederherstellung des typischen Wasserregimes bei hydrologisch beeinträchtigten Seen und deren Umgebung können sinnvolle Maßnahmen sein.

Tagfalter in diesem Lebensraum

Fliegen in diesem Lebensraum

Libellen in diesem Lebensraum

Typische Arten

Alpen-Smaragdlibelle
(Somatochlora alpestris)

Metallisch schimmernde Großlibelle an alpinen Moortümpeln

Glänzende Smaragdlibelle
(Somatochlora metallica)

Rastloser metallisch-grüner Jäger an Weihern und Seen

Große Moosjungfer
(Leucorrhinia pectoralis)

Eine seltene Moorlibelle mit markantem Fleck auf dem Hinterleib

Kleine Moosjungfer
(Leucorrhinia dubia)

Eine schöne Libelle in moorigen Gebieten

Nordische Moosjungfer
(Leucorrhinia rubicunda)

Die Moorlibelle mit orange-rotem Muster

Scharlachlibelle
(Ceriagrion tenellum)

Feuerrote Kleinlibelle an moorigen Gewässern

Schwarze Heidelibelle
(Sympetrum danae)

Schwarze Libelle an Teichen der Mittelgebirge

Speer-Azurjungfer
(Coenagrion hastulatum)

Die speerartige Zeichnung gibt dieser Libelle ihren Namen

Torf-Mosaikjungfer
(Aeshna juncea)

Eine große Libelle über moorigen Gewässern



Weitere Arten

Blaugrüne Mosaikjungfer
(Aeshna cyanea)

Die häufigste große Libelle an Seen, Teichen, Tümpeln und manchmal sogar im Wald

Blutrote Heidelibelle
(Sympetrum sanguineum)

Knallrote Libelle an Tümpeln und Seen

Braune Mosaikjungfer
(Aeshna grandis)

Eine auffällige braune Großlibelle über Gewässern mit guter Schwimmblattvegetation

Falkenlibelle
(Cordulia aenea)

Eine grünlich kupferfarbene Libelle die unaufhörlich an Ufern von Teichen patrolliert

Frühe Adonislibelle
(Pyrrhosoma nymphula)

Feuerrote Kleinlibelle am Gartenteich

Gebänderte Heidelibelle
(Sympetrum pedemontanum)

Eine der schönsten Libellen unserer Fauna

Gefleckte Heidelibelle
(Sympetrum flaveolum)

Eine rote Libelle mit markantem Fleck an der Flügelbasis

Gemeine Becherjungfer
(Enallagma cyathigerum)

Eine der häufgsten Kleinlibellen in Deutschland

Gemeine Binsenjungfer
(Lestes sponsa)

Eine bunte Libelle an binsenreichen Weihern

Gemeine Heidelibelle
(Sympetrum vulgatum)

Eine verbeitete Heidelibelle an Teichen und Tümpeln mit Pflanzen am Ufer

Gemeine Weidenjungfer
(Lestes viridis)

Eine Binsenjungfer mit ungewöhnlichem Eiablageplatz

Gemeine Winterlibelle
(Sympecma fusca)

Überwinterer in der heimischen Libellenfauna

Große Königslibelle
(Anax imperator)

Eine große blaue Libellen an großen Seen

Große Pechlibelle
(Ischnura elegans)

Möglicherweise die häufigste Libellenart in Deutschland

Großer Blaupfeil
(Orthetrum cancellatum)

Die häufigste Blaupfeilart an großen Seen und Teichen

Herbst-Mosaikjungfer
(Aeshna mixta)

Eine spät auftretende Großlibelle an Weihern mit Schilfgürtel

Kleine Binsenjungfer
(Lestes virens vestalis)

Eine zierliche Binsenjungfer mit Vorliebe für sonnige Gewässer

Plattbauch
(Libellula depressa)

Eine auffällige blaue Großlibelle mit plattem Bauch

Sibirische Winterlibelle
(Sympecma paedisca)

Seltene Schwesternart mit für Libellen ungewöhnlichem Lebenszyklus

Südlicher Blaupfeil
(Orthetrum brunneum)

Eine wärmeliebende Libelle mit hellblauer Bereifung

Vierfleck
(Libellula quadrimaculata)

Die Großlibelle mit den namensgebenden Flügelflecken

Zierliche Moosjungfer
(Leucorrhinia caudalis)

Seltene Großlibelle mit hellen Hinterleibsanhängen


Amphibien & Reptilien in diesem Lebensraum

Referenzlisten:

Natura2000: Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen

EUNIS 2021/22: European Nature Information System (EUNIS; deutsch Europäisches Naturinformationssystem). EUNIS marine habitat classification (Updated version March 2022), EUNIS terrestrial classification (Updated 2021)

EuroVegChecklist: Bergmeier E. (2020) & Mucina et al. (2016)

Bergmeier E. (2020): Die Vegetation Deutschlands – eine vergleichende Übersicht der Klassen, Ordnungen und Verbände auf Grundlage der EuroVegChecklist. Tuexenia 40: 19–32.

Mucina L., H. Bültmann, K. Dierßen, J.-P. Theurillat, T. Raus, A. C arni, K. Š umberová, W. Willner, J. Dengler, R. Gavilán García, M. Chytrý, M. Hájek, R. Di Pietro, D. Iakushenko, J. Pallas, F.J.A. Daniëls, E. Bergmeier, A. Santos Guerra, N. Ermakov, M. Valachovic , J.H.J. Schaminée, T. Lysenko, Y.P. Didukh, S. Pignatti, J.S. Rodwell, J. Capelo, H.E. Weber, A. Solomeshch, P. Dimopoulos, C. Aguiar, S.M. Hennekens & L. Tichý (2016): Vegetation of Europe: hierarchical floristic classification system of vascular plant, bryophyte, lichen, and algal communities. Applied Vegetation Science, Vol. 19, Supplement 1: 1-264.

Ellenberg, H. & Leuschner, C. (2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen, 6. Aufl., Stuttgart: 1357 S.

Delarze R., Gonseth Y., Eggenberg S., Vust M. (2015): Lebensräume der Schweiz. Ökologie - Gefährdung - Kennarten. 3. Auflage 2015. 456 Seiten.

Finck, P., Heinze, S., Raths, U., Riecken, U., Ssymank, A. (2017): Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands – dritte fortgeschriebene Fassung 2017. Naturschutz und Biologische Vielfalt 156, 460 S.

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Referenzlisten

Bezüge zu anderen Listen:
Ellenberg & Leuschner (2010)
Finck et al. (2017) 24.01, 24.02
EUNIS 2021/22
EuroVeg-Checklist 12OB01G, 12Ob01H
Delarze et al. (2015)
Natura 2000 3160
Häufigkeit selten

Online: https://www.deutschlands-natur.de/lebensraeume/suesswasser/dystrophe-seen-und-teiche/
Datum: 19.03.2024
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