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Schlingnatter (Coronella austriaca)
Schlingnattern sind recht zierliche, schlanke Schlangen; sie erreichen eine Körperlänge von etwa 60 bis 75, gelegentlich 80 Zentimeter (in Einzelfällen wurden auch Exemplare von rund 90 cm Gesamtlänge beobachtet). Ein Größenunterschied zwischen den Geschlechtern ist nicht signifikant. Der Schwanz macht etwa 12 bis 25 Prozent der Gesamtlänge aus. Er verjüngt sich gleichmäßig und endet mehr oder weniger spitz. Das Körpergewicht durchschnittlich großer Tiere liegt im Mittel bei etwa 50 bis 80 Gramm, nur selten werden Gewichte über 100 Gramm genannt. Höhere Gewichte erreichen insbesondere große Weibchen, die zugleich trächtig sind.
Der Körper ist walzenförmig (im Querschnitt rundlich), wobei der vordere und der hintere Abschnitt einen geringeren Durchmesser haben als die Mitte. Der Übergang vom schmaleren Hals zum breiteren Kopf ist fließend. Der Oberkopf ist abgeflacht, die Seiten und die Spitze der Schnauze sind rundlich. Die Augen sind relativ klein und weisen eine runde Pupille auf (ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zur Kreuzotter); die Iris ist bräunlich. Zwischen Auge und Nasenloch verläuft eine Längsfurche. Im Oberkiefer befinden sich 12 bis 16 Zähne, die schlundwärts etwas an Länge zunehmen, während die gleiche Anzahl Unterkieferzähne alle ähnlich lang sind.
Die Grundfärbung der Oberseite ist grau, graubraun, bräunlich oder rötlich-braun. Bei Männchen dominieren braune bis rötliche Farbtöne, während die Weibchen oft eher grau sind. Jedoch ist die Färbung kein völlig eindeutiges Unterscheidungsmerkmal für die Geschlechter (hierzu kann nur das Ausstülpen der Hemipenes der Männchen dienen). An den Kopfseiten befindet sich je ein charakteristischer dunkelbrauner Streifen, der vom Nasenloch über das Auge bis zum Mundwinkel verläuft. Häufig setzt er sich auch noch bis auf die Seite des Halses fort, von wo er in kleine Einzelflecke übergeht. Auf der Kopfoberseite fällt ein herz- bzw. hufeisenförmiger dunkler Fleck auf (das „Krönchen“), der sich häufig in zwei Längsstreifen auf dem Rücken fortsetzt, um sich schließlich meistens in zwei (selten vier) Fleckenreihen aufzulösen. Schwanzwärts werden diese Flecken immer undeutlicher. Gelegentlich können die Flecken auch zu Querstreifen verschmelzen. Bei aller Variabilität des dorsalen Fleckenmusters weist die Schlingnatter aber kein Zickzackband auf, wie es Kreuzottern haben. Jedoch kann durch Bewegungen der Schlange ein solcher Eindruck entstehen.
Die Bauchseite ist nie wie bei der Ringelnatter gelblich-weiß, sondern es herrschen auch hier verschiedene Braun- und Grautöne vor – oft mit einer lebhaften dunklen Sprenkelung versehen. Die Schwanzunterseite kann gelegentlich schwarz sein. Kopfunterseite und Oberkieferrand sind hell und mit feinen schwärzlichen Punkten und Strichen übersät. Jungtiere haben zunächst sehr oft eine einfarbig ziegelrote Unterseite. Sie zeichnen sich ferner durch eine dunklere, kontrastreichere Fleckenzeichnung auf dem Rücken sowie durch eine mattschwarze Kopfoberseite aus.
Verbreitung
In Deutschland liegt der Verbreitungsschwerpunkt der Schlingnatter in wärmebegünstigten Mittelgebirgsregionen Südwest-, Süd- und Südostdeutschlands (oft zugleich Weinanbaugebiete), während sich das Areal nach Norden hin immer mehr in disjunkte Teilgebiete auflöst und die Populationsstärken abnehmen. In weiten Bereichen Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommern fehlt die Art gänzlich (Ausnahmen sind isolierte Vorposten an der Ostseeküste zwischen Rostock und dem Darß, auf Hiddensee und Rügen sowie in der Ueckermünder Heide). Ansonsten werden im Norddeutschen Tiefland vor allem die Heide- und Sandgebiete Brandenburgs, Teile des vor allem mittelniedersächsischen Geest- und Moor-Tieflands sowie der Westfälischen Bucht besiedelt. Ein mehr oder weniger geschlossenes Areal findet sich in den Mittelgebirgslagen West- und Südwestdeutschlands. Im Rhein-Main-Gebiet handelt es sich um die häufigste Schlangenart. Des Weiteren kommt die Art regelmäßiger unter anderem im Fränkischen Jura und angrenzenden Muschelkalkgebieten, im Thüringer Becken, im Dresdner Elbtal und in der Oberlausitz vor. Im Schwarzwald werden Höhen bis 1110 m NN bewohnt (Belchen), im Bayerischen Wald bis 850 m (sonst sind es in den Mittelgebirgen Deutschlands selten über 650 m). In den Berchtesgadener Alpen werden auch hochmontane Lagen von 1300 Metern erreicht. Im Alpenvorland weisen vor allem die großen Flusstäler Vorkommen auf, während ansonsten größere Verbreitungslücken bestehen.
© Verbreitungskarte. DGHT e.V. (Hrsg. 2014): Verbreitungsatlas der Amphibien und Reptilien Deutschlands, auf Grundlage der Daten der Länderfachbehörden, Facharbeitskreise und NABU Landesfachausschüsse der Bundesländer sowie des Bundesamtes für Naturschutz.
Ökologie
In Mitteleuropa können Schlingnattern regelmäßig etwa zwischen April und Oktober beobachtet werden, gelegentlich auch früher und später. Die Winterstarre verbringen sie in Kleinsäuger-Erdhöhlen, Hohlräumen zwischen Steinen und ähnlichen frostsicheren Örtlichkeiten. Spätestens im Mai ist meistens ein erstes Aktivitätsmaximum zu verzeichnen; in dieser Phase kommt es zu den meisten Paarungen und zur ersten Häutung. Tageszeitlich sind die Schlangen je nach äußeren Temperaturen am Morgen bzw. Vormittag und am Abend (Sommer, Hitze) oder um Mittag (Frühjahr, Herbst) aktiv, um sich zwecks Thermoregulation der Sonnenstrahlung auszusetzen. Nachts, bei großer Hitze oder kühlem, regnerischem Wetter ziehen sie sich an ihre Ruheplätze zurück. Ein Individuum kann ein mehrere Hektar großes Revier haben, innerhalb dessen es größere jahreszeitliche „Wanderungen“ (Ortswechsel) vornimmt. Andererseits wird die Art als ausgesprochen ortstreu charakterisiert.
Schlingnattern verharren oft regungslos und vertrauen darauf, dass sie die unscheinbare Färbung und das Fleckenmuster optisch mit der Umgebung verschmelzen lässt. Fühlen sie sich ohne Fluchtmöglichkeit in die Enge getrieben und bedroht, ringeln sie sich tellerförmig zusammen und heben den Vorderkörper S-förmig an. Zischlaute geben sie dabei nur selten von sich. In fortgesetzter Bedrängnis versuchen sie den Angreifer auch sehr oft zu beißen. In dem Fall lässt die Schlange nicht sofort wieder los, sondern führt mitunter kauende Bewegungen durch. Beim Menschen hinterlassen die kleinen Zähnchen aber nicht mehr als ein paar Kratzer. Gelegentlich schnellen die Tiere blitzschnell vor, ohne ihr Maul zu öffnen – bei solchen Scheinangriffen kommt es also nicht zu einem wirklichen Biss. Schließlich kann, wie bei allen Nattern, aus den Analdrüsen ein scharf riechendes Sekret abgesondert werden.
Zu ihren Fressfeinden gehören Iltis, Steinmarder, Igel und diverse Greifvögel, den Jungtieren stellen auch Rabenvögel nach. Sie selbst erbeuten in erster Linie Eidechsen und deren Eier bzw. Jungtiere sowie Blindschleichen, daneben auch Jungschlangen (inklusive solche der eigenen Art, besonders bei hohen Bestandsdichten), nestjunge und erwachsene Spitzmäuse, Wühlmäuse und Langschwanzmäuse. Unregelmäßig können ferner Knoblauchkröten, große Insekten, nestjunge Vögel und Vogeleier sowie Regenwürmer zum Nahrungsspektrum gehören. Größere Beute wird visuell geortet, verfolgt, mit den Kiefern gepackt und vor dem Verschlingen erwürgt. Dazu windet sich die Schlange mit ihrem Körper eng um das Opfer.
Zur Paarungszeit im späten Frühjahr verhalten sich die Männchen gegenüber Artgenossen sehr aggressiv und beißfreudig. Bei regelrechten Ringkämpfen mit anderen Männchen kann es zu ernsthaften Verletzungen kommen. Auch das Weibchen wird während der Paarung manchmal in den Nacken oder Hals gebissen und dabei umschlungen. Zuvor gibt es ein ritualisiertes Vorspiel mit Züngeln, Kopfnicken und Bekriechen des Weibchens. Die Dauer der Kopula reicht von 20 Minuten bis zu mehreren Stunden.
Die Tragzeit dauert durchschnittlich vier bis fünf Monate, so dass in Mitteleuropa meistens zwischen Mitte August und Ende September die Jungen geboren werden. Anders als etwa die Ringelnatter legt die Schlingnatter keine Eier, sondern ist lebendgebärend. Genauer gesagt befinden sich die Jungtiere bei der Geburt noch in einer dünnen Eihülle, die sie anschließend durch Körperwindungen sofort durchstoßen (sogenannte Ovoviviparie). Jedes Weibchen gebiert zwischen drei und 15 Junge, je nach Größe der Mutter. Die meisten Weibchen legen im Folgejahr eine Fortpflanzungspause ein, manchmal treten aber auch jährliche oder dreijährige Intervalle auf.
Die Jungen sind bei der Geburt zwischen 12 und 21 Zentimetern lang. Kurze Zeit später kommt es zur ersten Häutung und sie gehen auf Nahrungssuche. Innerhalb des zweiten Lebensjahres verdoppeln sie etwa ihre Anfangslänge, um im dritten Jahr eine Größe von 30 bis 40 cm zu erreichen. Im dritten oder vierten Lebensjahr erfolgt bei einer Länge von 40 bis 50 cm die Geschlechtsreife. Danach geht das Körperwachstum verlangsamt weiter. Innerhalb eines Jahres kommt es bei adulten Tieren zu ungefähr zwei bis sechs Häutungen. Als individuelles Höchstalter für Schlingnattern werden etwa 20 Jahre angenommen.
Gefährdung
Die Schlingnatter steht in vielen Ländern streng unter Naturschutz und darf weder gefangen noch gar getötet werden. Dennoch kommt es immer noch vor, dass dieses für den Menschen absolut harmlose Tier erschlagen wird – als vermeintlich gefährliche Giftschlange oder aus einem unterschwelligen Schlangenhass. Zwar werden viele Reptilien, selbst die Blindschleiche, aus Unkenntnis für „bedrohlich“ gehalten, aber bei der Schlingnatter ist eine Verwechslungsmöglichkeit mit der Kreuzotter besonders groß (wobei diese ebenfalls unter Schutz steht und nicht mehr verfolgt werden darf). Für verschiedene Regionen werden starke Bestandsrückgänge der Schlingnatter innerhalb der letzten Jahrzehnte festgestellt.
Die Hauptgefährdung geht dabei allerdings von Lebensraumzerstörungen aus. Durch die intensive Nutzung der mitteleuropäischen Kulturlandschaft und falsch verstandenen Ordnungssinn sind viele für die Schlingnatter und andere Reptilien wichtige Biotope beseitigt oder entwertet worden. Nahezu überall gab und gibt es den Trend, abwechslungsreiche, „unaufgeräumte“ Landschaft in großflächige, strukturarme, oft überdüngte Wirtschaftsflächen umzuwandeln. Dabei wurden Hecken, Staudenfluren, Felskuppen, Lesesteinhaufen, Trockenmauern und andere Kleinstrukturen beseitigt, Randstreifen und Übergangsbiotope (Ökotone) begradigt. Verbliebene Biotopinseln und -streifen sind oft zu klein und liegen isoliert voneinander, werden entweder gar nicht gepflegt (was zu ungünstig starker Verbuschung führt) oder aber zu intensiv (beispielsweise durch unsachgemäßes Mähen, wobei viele Kleintiere vernichtet werden). Dazu kommen weitere Faktoren wie fortschreitender Flächenverbrauch durch Siedlungs- und Straßenbau, das Verfüllen von Steinbrüchen, der Einsatz von Pestiziden, lokal auch häufige Störungen der Schlangen durch Freizeitbetrieb, freilaufende Hunde oder streunende Katzen.
Unser Kommentar
Von unseren heimischen Schlangen geht keine Gefährdung aus! Das gilt aus verständlichen Gründen für die "ungiftigen" Arten, aber auch für die seltenen, giftigen Arten, wie beispielsweise die Kreuzotter.
Schlangen sind sehr scheue Tiere, wie jeder Fotograf weiss, der einmal versucht hat, eine Schlange abzulichten. Ehe man sich versieht, sind Schlangen in Löchern, unter Steinen oder Ästen verschwunden. In den weitaus häufigsten Fällen geschieht dies übrigens, bevor man überhaupt merkt, dass eine Schlange anwesend ist. Keine heimische Schlange wird einen Menschen "angreifen", nur weil er in der Nähe ist.
Bei den sehr wenigen Fällen, wo Menschen in Deutschland von Schlangen gebissen werden, handelt es sich um Situationen, in denen die Schlangen nicht rechtzeitig fliehen konnten und vom Menschen dann aktiv ergriffen oder sonst gereizt wurden. Schlingnatter oder Kreuzottern sind in solchen Notsituationen dann durchaus bereit, schnell zuzubeisen - wer wird es ihnen verdenken.
Lebensraum
Die Schlingnatter ist eine trockenheits- und wärmeliebende Tierart, die je nach Region ein recht breites Spektrum von Biotoptypen besiedelt. Während etwa in Norddeutschland, den Niederlanden und Südengland Sandheiden, Magerrasen sowie trockene Hochmoor- und Waldränder wichtige Lebensräume darstellen, sind es in den mitteleuropäischen Mittelgebirgen vor allem wärmebegünstigte Hanglagen mit Mager- und Trockenrasen, Geröllhalden, Trockenmauern und aufgegebenem Rebgelände (Weinberge). In höheren Mittelgebirgslagen, in Ostbayern oder auch in Südschweden bilden besonnte Waldränder in Nachbarschaft von extensiv bewirtschafteten Wiesen, Gebüschsäume, Hecken, Waldschläge, Felsheiden, halbverbuschte Magerrasen und Böschungen das Biotopspektrum der Schlingnatter. Im Alpenraum wird eine Vielzahl von offenen bis halboffenen Lebensräumen in wärmebegünstigten Lagen besiedelt. Dazu kommen überall anthropogene Sonderstandorte wie Bahndämme und Steinbrüche. Gelegentlich finden sich Schlingnattern auch an naturnah strukturierten Siedlungsrändern von Dörfern und Städten.
Allen Lebensräumen gemein ist ein mosaikartiger, kleinräumiger Wechsel aus offenen, niedrigbewachsenen und teils gehölzdominierten Standorten und eine hohe Kleinstruktur- und Unterschlupfdichte. Im gleichen Habitat kommen meist auch viele Eidechsen (insbesondere Zauneidechsen, regional auch Waldeidechsen oder Mauereidechsen) und Blindschleichen vor. Gelegentlich tritt zudem die Kreuzotter im gleichen Lebensraum auf.
Lebensräume in denen die Art vorkommt
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Kenndaten
Ordnung | Squamata |
---|---|
Familie | Colubridae |
Art | Schlingnatter |
Wiss. | Coronella austriaca |
Autor | (Laurenti, 1768) |
Rote Liste D | 3 |
Häufigkeit | mittel |