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Mäßig trockene Ruderalflächen mit Wilder Möhre und Steinklee
Mit Ruderalflächen oder Kulturbrachen sind ehemalige Rohbodenstandorte in oder in der Nähe von Siedlungen gemeint, die zumindest kurzzeitig sich selbst überlassen wurden und auf denen sich Tier- und Pflanzengemeinschaften ansiedeln können. Das können unbeachtete Fläche am Straßenrand, auf Bahnhöfen, auf Baustellen und in Häuserlücken in der Stadt sein oder auch auf dem Dorf, am Wegesrand, in einer Gartenecke oder neben dem Misthaufen sein. Die Zusammensetzung mit Pflanzenartengemeinschaft ist zum einen von dem Alter der Flächen abhängig. Zum anderen bestimmen aber auch die mineralische Bodenbeschaffenheit (basisch oder sauer), die kleinklimatischen Bedingungen (sonnig/schattig) und Nährstoffsituation (nährstoffreich/nährstoffarm), welche Pflanzen man findet.
Am verbreitetsten - auf mäßig trockenen Ruderalflächen - treten Gesellschaften mit Wilder Möhre (Daucus carota, Foto: weiß) und zwei Steinklee-Arten (Weißer Steinklee (Melilotus albus) und Echter Steinklee (Melilotus officinalis, Foto: gelb)) auf. Weitere typische Pionierarten, die zu den ersten Besiedlern gehören, wären beispielsweise Kompasslattich (Lactuca serriola), Kanadisches Berufkraut (Conyza canadensis) und Weg-Malve (Malva neglecta, Foto: rosa). Hatten die Pflanzen die Gelegenheit die Fläche schon länger zu besiedeln, ist sie also älter, wären typische Arten Beifuß (Artemisia vulgaris, Rainfarn (Tanacetum vulgare), Schwarznessel (Ballota nigra) und Gewöhnlicher Natternkopf (Echium vulgare).
Auch Tiere besiedeln natürlich diese Lebensräume. Die pflanzenfreien und nicht selten wärmebegünstigten Standorte können wärmeliebende Insekten oder Reptilien, wie Zauneidechse und Mauereidechse anziehen. Zahlreiche Tagfalter finden Nektar an den Blütenpflanzen. In Siedlungen sind es oft nur diese Kleinlebensräume, welche Lebensraum für Insekten darstellen können.
Bildergalerie von typischen Pflanzenarten in diesem Lebensraum
Verbreitung
Ruderalflächen findet man überall in Deutschland, vorwiegend in der Nähe von Siedlungen als Folge von menschlichen Aktivitäten.
Ökologie
Die Bedingungen auf diesen Standorten sind sehr speziell: Zunächst muss man die Anfangsphase hervorheben, die allen gemein ist. Ursprung ist ein pflanzenfreier Rohbodenstandort, der quasi Nährstoffe und Sonne zur Verfügung stellt. Derartige Standorte können auch natürlicherweise entstehen - z.B. an Hangabrutschungen oder in Überschwemmungsgebeiten von Flüssen - und es verwundert daher nicht, dass es Pflanzenarten gibt, die speziell auf diese Ausgangssituation angepasst sind, die sogenannte Ruderalflora oder Ruderalvegetation. Ruderalpflanzen sind sehr schnell und effektiv in der Lage, einen solchen Standort zu besiedeln, beispielsweise über viele flugfähige Samen. Eine weiterer Strategie kann es sein, dass Pflanzensamen über Jahre oder Jahrzehnte im Boden ruhen und genau auf den Moment gewartet haben, an dem die Fläche wieder ideale Wuchsbedingungen bietet. Haben sie sich etabliert, müssen diese Pflanzen auch stresstolerant sein, denn auf einigen Standorten kann die Sonne extrem einwirken und durch die ungeschütze Lage kann es zu Austrocknungen kommen - möglicherweise kommen Trittbelastungen oder sonsige mechanische Störungen hinzu. An anderen Orten - beispielsweise neben dem Misthaufen - kann es Nährstoffe in solchem Überfluss geben, das dies widerum ein Problem darstellt.
Wie bei den meisten Lebensräumen in der Natur gibt es eine natürliche Abfolge (Sukzession), wie sich die Pflanzengemeinschaft auf den Ruderalflächen entwickelt. Beginnend mit Pionierpflanzen - oft auch einjährige Pflanzen, welche innerhalb eines Jahres den kompletten Lebenszyklus durchlaufen - kommen von Jahr zu Jahr weitere Pflanzen hinzu. Teilweise werden die Erstankömmlinge dann wieder verdrängt. Werden die Flächen nicht durch erneute Störung wieder von der Pflanzendecke befreit können sich mehrjährige ausdauernde Ruderalfluren entwickeln.
Gefährdung
Ruderalflächen und Brachen sind per Definition Standorte, die immer wieder neu entstehen, aber auch lokal verloren gehen. Der Verlust eines solchen Lebensraumes ansich ist also kein Mangel.
Dennoch ist die Zahl der Ruderalflächen in Dörfern und Städten zurückgegangen. Während früher in einem Dorf immer wieder mal ein kleines Örtchen übrig blieb, welches über einen gewissen Zeitraum unbeachtet und unbearbeitet war, sind diese Flächen heute meist überbaut, asphaltiert oder mit Rasen versehen. Typische Ruderalpflanzen wir der Gute Heinrich sind deshalb heute viel seltener als früher. Auch in Städten findet man immer weniger Baulücken, auf denen sich Ruderalpflanzen ansiedeln können.
Besonderheiten
Die Brache wurde zum Biotop des Jahres 2017 gekürt.
Tagfalter in diesem Lebensraum
Fliegen in diesem Lebensraum
Amphibien & Reptilien in diesem Lebensraum
Säugetiere in diesem Lebensraum
Heuschrecken in diesem Lebensraum
Wanzen in diesem Lebensraum
Referenzlisten: